März 2020, des Monat's Mitte - wie ein Vulkan bricht er plötzlich aus - ein Virus namens Corona nimmt uns in die Krallen und verändert auch unseren beruflichen Alltag plötzlich und fundamental - die Krise wird von höchster Stelle ausgerufen, Sitzungen überall und spontan einberufen, Krisenstäbe werden gebildet, Einsatzkommandos können nun endlich das bisher nur Geübte ausleben und auch immer wieder darauf hinweisen, in welchem Ausnahmezustand man denn nun agieren müsse. Nun zeigt sich, wer den militärischen Drill in seinen Genen trägt, knappe Befehle und Kommandos nicht nur sofort versteht sondern auch am lautesten bellen kann. Kontinuitätsmanager, Leiter Krisenstab, Lage-und Kommunikationsberechtigte, für sie alle schlägt nun die Stunde der Bewährung an. Keine Zeit für ganze Sätze, möglichst schnell, präzise und unwidersprochen gilt es nun, die Regeln festzusetzen. Diskussionen halten nur auf, nun sind die Agierenden gefragt.
Nun, Klopapier besorgen und Germ kaufen, das ist Kindergeburtstag, wer die besten Masken hat, das ist jetzt das Thema und in den wichtigen Unternehmen dieser Welt heißt es, Infrastruktur zu bedienen und schnell herauszufinden, ob der eigene Betrieb zum unverzichtbaren Bestandteil des täglichen (Über)Lebens, Systemrelevanz genannt, gehört oder man möglichst schnell alle MitarbeiterInnen in den sicheren Abstand der eigenen vier Wände entsenden sollte.
Es dauert doch ein klein wenig, bis auch Humor in den täglichen Krisenstäben wieder zulässig ist und nicht nur Zeitdiebstahl im schnellen Arbeiten der unglaublich zahlreichen Nachrichten bedeutet, die jeder geplagte Teilnehmer abarbeiten muss. Ein paar Tage dauert es, dann wird täglich digitaler Flashmob - Applaus gespendet für die wahren Helden der Krisenbewältigung, die Einsatztruppe für digitales Werkzeug.
Der Partisanenkampf am Weltmarkt der Laptops beginnt, wer nun nicht bereits ausgestattet ist, ist zum Kartoffel Kochen zu Hause verdammt, für die Welt nicht mehr erreichbar, ausgeschlossen aus dem Kreislauf der Bedeutsamkeit, eingesperrt in die wirtschaftliche Bedeutungslosigkeit.
Gottseidank, wir haben Sie , die Helden der Pandemie und ziehen nun rasch nach, was in den Jahren davor als unnötige Investition auf die Seite gestellt war. Jedem sein Smartphone, einen Laptop, gesicherte Zugänge in nächtelangen Sessions und los kann's gehen. Aber ja nicht vordrängen, jeder bekommt noch geordnet seine Remote - Utensilien, auch wenn die Ellbogenchamps nun noch so sehr ihre Kraft zeigen.
Eine digitale Meeting - Stunde jagt nun die andere, wir sind alle höchst konzentriert, die Termine werden plötzlich eingehalten und knappest geplant. Wichtig ist, wer an den meisten Konferenzen im Netz teilnimmt oder - noch besser - zu diesen einlädt. Großprojekte wollen schließlich keine Zeit verlieren, die Großmeister der Projektleitung steuern nun mit bedeutungsschweren Worten aus ihren Wohnzimmern, wer den Lead hat, darf ja seine Gesundheit und damit das Projekt nicht gefährden. Die Zeit, die wir bis jetzt in unseren Besprechungszimmern für die Kaffeeausstattung aller Teilnehmer verwendet hatten, ehe das Meeting wirklich beginnen konnte, braucht es nun, damit alle auch tatsächlich den digitalen Weg in die Runde finden , Netzwerke spielen ja nicht immer mit und es will auch ein wenig geübt sein.
"Kann man mich schon hören?" - wird zur Standardfrage, manchmal hören wir die Kinder des jeweiligen Haushaltes noch vor der Kollegin, ein anderes Mal scheint der Meeting - Teilnehmer seiner sportlichen Laufleidenschaft zu frönen, so schwer ist der Atem (man will sich ja gar nichts anderes in diesen Momenten der hörbaren Anstrengung vorstellen beim Kollegen).
Keine Frage, es ist manchmal auch bequem und fein, im digitalen Dialog niemandes Minenspiel mehr aushalten zu müssen. Nach oben verdrehte oder rollende Augen hört man nicht, obwohl der deutliche Fingerzeig manchmal auch am Tonfall in den Stimmen der Gesprächspartner gut vorstellbar ist.
Durchaus erfreulich aber manchmal, dass man die Stimme der Gesprächspartnerin oder auch des Kollegen nun mit voller Konzentration und ohne jede optische Ablenkung wahrnimmt. Es kann auch durchaus von Vorteil sein, sich das Gegenüber vorzustellen und doch gar nichts zu sehen. Und die morgendliche Besprechung zu an sich unanständiger Zeit noch im Pyjama vor dem Zähneputzen oder in den Feinripps des etwas älteren Herren zu gestalten, wird wohl ebenso im Repertoire sein wie der eigene Gin-Tonic als Zierde des Projektmeetings, das nun deutlich besser auszuhalten ist als gewohnt.
Exzessive Maskenspiele sind gefragt, der Pandemie - Karneval ist in den Büroetagen dieses Landes nicht nur an einem knappen Wochenende gefragt, wie aus Venedig gewohnt, nun strahlen die kreativen Näh- und Stickkünstler wochenlang um die Wette. Alte Puppenstoffe werden ebenso verwertet wie Schals, die bei Bedarf von sonst modebewusst geschmückten Hälsern ein wenig nach oben wandern, um die zarten Näschen und die Goscherln zu verdecken, damit der Auswurf beim Träger selbst bleibt, wenn er denn nicht zu vermeiden ist.
Für ungeübte Homeworker ergibt sich die einmalige Chance, das männliche Haupt ausufern zu lassen, schließlich haben die Meister der haarigen Gestaltungskunst nun ihre Läden geschlossen. Da ergeben sich durchaus wilde und ungezähmte Mähnen in unterschiedlichen Farben. Sonst glatte Wangen werden von struppigen Bärten veredelt, die fotografisch in die wilden 60er Jahre zurückführen und uns schon etwas länger am Markt befindlichen an Sex&Drugs&Rock'nRoll Zeiten erinnern. Wir sind wild, ungezähmt und richtig cool bebärtet. Allein, die Partnerin erfreut sich nicht so sehr an der neuen Wiese im heimischen Garten und sehnt das Ende des Lockdowns im Friseurgewerbe merkbar herbei.
So manch einer wird sich an dieses Leben im digitalen Cocoon gut gewöhnt haben und es gar nicht mehr loslassen, andere vermissen den Blick in die Augen der Gesprächspartner in unseren Geschäftsalltagen und die Emotionen, die da zu lesen sind. Die einen wird es nicht unbedingt wieder an den gewohnten Platz ins Office ziehen, die anderen putzen schon die Schuhe und entstauben Anzug und Business Kostüm, um jederzeit gerüstet zu sein für das vom Bundesbasti und dem Gesundheits-Rudl erlaubten "back to the office".
Wir haben Mitte Mai, nach knapp zwei Monaten plötzlicher Veränderung kommt langsam Alltag ins Büroleben zurück, ich habe mir vorgenommen, gerade die ersten Wochen durch die Spaßbrille ganz genau zu beobachten. Was bleibt von unserer neuen gestarteten Art zu jobben? Ultimative "changes" tatsächlich in allen Büroprozessen? Wird es auch weiterhin so viel zu Schmunzeln geben? Erst wenn wir alle unter Corona wieder jenes spritzige Bierchen verstehen, dass mit Zitrone oder Limette den kleinen Durst vertreibt, erst dann ist wohl der gewohnte Alltag zurück. Ich werde Euch gerne wieder dazu erzählen, nein - ich werde Euch ein Stück weit abholen, so spricht man das in diesen Zeiten des gut eingelernten Office (bullshit) Bingo......
Habt ein gutes Auge auf unsere neue Arbeitswelt und bleibt gesund:-)
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